Das Präsidium der Gesellschaft „Russland-Deutschland“ bedankt sich bei dem Lehrstuhl für Deutsch der MGIMO Universität für die Unterstützung bei der Übersetzung der Broschüre ins Deutsche und bei den MGIMO-Studierenden, die sich daran beteiligten:
Marina A. Chigasheva, Dr. phil, Leiterin des Lehrstuhls für Deutsch
Arina Aleshina, Masterstudentin
Anna Bezborodova, Bachelorstudentin
Daniil Dmitriev, Bachelorstudent
Mark Kondratyev, Masterstudent
Karina Kuzmina, Masterstudentin
Artyom Malyukov, Masterstudent
Anastasiia Matosova, Masterstudentin
Maria Ochneva, Masterstudentin
Evgenii Pankov, Masterstudent
Irina Pankratova, Bachelorstudentin
Anastasiia Polovinchikova, Masterstudentin
Ivan Sorochenko, Bachelorstudent
Artem Vedernikov, Masterstudent
Aleksandra Veselova, Masterstudentin
Inhaltsverzeichnis
ARGE-Präsident Walter Behrendt beim Treffen mit dem Präsidenten der Gesellschaft „UdSSR-BRD“ Leonid Samjatin
Das unter Mithilfe der Gesellschaft „UdSSR-BRD“ organisierte Treffen von Generalsekretär der KPdSU Leonid Breschnew mit Brigitte Dassler, Tochter des Gründers von „Adidas“, Hamburg
Vorwort
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
liebe Freundinnen und Freunde!
Wir sind froh, Ihnen Beiträge von deutschen und russischen Autoren präsentieren zu dürfen, die dem 50. Jubiläum des Internationalen gemeinnützigen Vereins, der Gesellschaft „Russland-Deutschland“ gewidmet sind.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Zusammenbruch der Sowjetunion entstand die Gesellschaft „Russland-Deutschland“ im Januar 1992 in Moskau auf der Grundlage der sowjetischen Freundschaftsgesellschaften und vor allem der Gesellschaft „UdSSR-BRD“, die im Jahre 1972 in der Tauwetter-Periode in den deutsch-sowjetischen Beziehungen gegründet wurde. Die Gesellschaft „Russland-Deutschland” wurde am 14. November 1992 offiziell ins Leben gerufen. Die neue Gesellschaft verfolgte dieselbe Ziele – Herstellung eines umfangreichen Dialogs zwischen beiden Nationen, Verstärkung der gegenseitigen Verständigung und des Vertrauens zwischen Deutschen und Russen.
Genauso wie die Gesellschaft „UdSSR-BRD“ vereinigt auch die Gesellschaft „Russland-Deutschland“ prominente russische Germanisten und setzt sich trotz der aktuell angespannten bilateralen Beziehungen für weitere jahrhundertelange Kontakte zwischen Deutschen und Russen, vor allem zwischen Zivilgesellschaften der beiden Länder ein.
In 50 Jahren seines Bestehens erlebte und erlebt der Internationale gemeinnützige Verein, Gesellschaft „Russland-Deutschland”, nach wie vor Erfolge und Misserfolge, Aufschwung und Niedergang. Zwar wird die Gesellschaft im Gegensatz zu der Sowjetzeit nicht staatlich finanziert, organisiert sie jedoch Veranstaltungen gemeinsam mit den deutschen und russischen Partnern weiter und genießt einen makellosen Ruf in der Öffentlichkeit beider Länder. All das ist meistens dem Enthusiasmus und der aufopfernden Tätigkeit im Bereich der Volksdiplomatie von vielen prominenten Politikern, Diplomaten, Vertretern der Öffentlichkeit, Journalisten, Forschern und Künstlern zu verdanken. Unter aktuellen komplizierten Bedingungen läuft der deutsch-russische Dialog zwischen den Zivilgesellschaften, wenn auch in einem beschränkten Format, weiter. Wir sind davon überzeugt, dass die andauernde Stille in den bilateralen Beziehungen nicht im langfristigen Interesse der Deutschen und Russen liegt.
Kurz vor dem 50. Jubiläum bedankt sich das Präsidium der Gesellschaft “Russland-Deutschland“ bei Präsidenten, Ehrenpräsidenten, Vizepräsidenten, Vorstands- und Präsidiumsmitgliedern, Aktivisten der Gesellschaft herzlichst. Einen großen Beitrag seit der Gründung der Gesellschaft haben Alexander A. Urban, Lel S. Bratus, Igor N. Wedernikow geleistet. Besonderen Dank, Anerkennung und Respekt verdienen Ehrenpräsidenten wie der ehemalige erste stellvertretende Moskauer Bürgermeister Jurij V. Roslyak, die Co-Vorsitzende von Sinowjew’s Klub des internationalen Medienunternehmens „Rossija Segodnja“ Olga M. Sinowjiewa, der außerordentliche und bevollmächtigte Botschafter Wladislaw P. Terechow.
Besonders erwähnenswert sind diejenige, die leider schon verstorben sind. Sie bleiben aber bei uns und unseren deutschen Partnern in Erinnerung. Zu verschiedenen Zeitpunkten standen sie an der Spitze der Gesellschaft: Generaldirektor von der Nachrichtenagentur TASS, sowjetischer Botschafter Leonid M. Samjatin, Generaldirektor von TASS Sergej A. Lossew, außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter Michael A. Logwinow, stellvertretender Direktor von Europa-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften Valentin P. Fjodorow.
Wir hoffen, dass diese Beiträge für alle interessant sein könnten, die sich mit der Geschichte der zivilgesellschaftlichen Beziehungen mit der BRD beschäftigen und von der russischen Seite bereit sind, zusammen mit uns sie weiter zu fördern.
Informationen über die Tätigkeit der Gesellschaft finden Sie auf unserer Website: www.russland-deutschland.com.
Mit freundlichen Grüßen
Präsidium der Gesellschaft “Russland - Deutschland”, Moskau, November 2022
Alexander Urban
Ex-Vizepräsident
Ehrenmitglied und einer der Gründer der Gesellschaft „Russland – Deutschland“
Wie war es?
Die Gesellschaft „UdSSR – BRD“ (jetzt „Russland – Deutschland“) wurde vor Augen mehrerer Generationen gegründet. Sie ist schon seit einem halben Jahrhundert tätig. In ihrer Benennung gibt es kein Wort „Freundschaft“. Und dies ist kein Zufall. Kann Freundschaft im Leben im Handumdrehen entstehen? Oder ist es möglich, diejenigen als Freunde zu betrachten, die lange Zeit mit Waffen in den Händen einander gegenüberstanden?
Es galt, Feindschaft, Abneigung und Misstrauen zu überwinden, die vom grässlichen Krieg ausgelöst wurden, den Hitlerfaschismus im vorigen Jahrhundert entfesselte und unter dem die Völker der Sowjetunion und Deutschlands am meisten litten. Die Völker, die zuvor traditionell gute Beziehungen hatten. Ihre gebildeten und ehrlichen Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Gesellschaftsschichten übernahmen nach dem Krieg diese schwierige Aufgabe.
Kontakte zu Bürgern und Organisationen der damaligen Bundesrepublik Deutschland wurden allmählich aufgenommen und verstärkt. Schritt für Schritt. Das Interesse am Leben in der UdSSR war enorm, aber es gab auch viele Hindernisse. Nicht alle politischen Parteien der BRD begrüßten die Entwicklung der zwischengesellschaftlichen Beziehungen zu Russland. Es gab sowohl offenen als auch latenten Widerstand. Normale Bürger der BRD teilten diese Haltung nicht. Sie standen für gute nachbarschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit. Ich weiß es und erinnere mich gut daran, weil ich mehr als fünf Jahre lang als TASS-Korrespondent in Bonn tätig war, in Westdeutschland herumreiste, mittendrin in politischen Ereignissen stand, sie verfolgen und analysieren musste.
Einzelne Städte, Gemeinden und sogar Regionen und Bundesländer wollten ihre eigenen konkreten Partner in der Sowjetunion haben. Die Gesellschaft „UdSSR – BRD“ musste für sie nach möglichen Partnern suchen. Wir taten es sehr gern. Die Anzahl der Partnerstädte und –gemeinden von beiden Seiten nahm deutlich zu.
Schon vor der Unterzeichnung des berühmten Moskauer Vertrags, der die Beziehungen zwischen der UdSSR und der BRD auf eine neue Grundlage stellte, wurde im Februar 1970 in Moskau bekanntlich das Sowjetische Institut für Entwicklung der Beziehungen zur Zivilgesellschaft der BRD gegründet. Der Vertrag selbst zog einen Schlussstrich unter die jahrelangen Spannungen zwischen beiden Staaten. Es wurde eine notwendige politische und rechtliche Grundlage für gute nachbarschaftliche Beziehungen und gegenseitig vorteilhafte Zusammenarbeit geschaffen. Diese günstige Gelegenheit wurde damals von den Zivilgesellschaften unserer Länder genutzt. Am 14. November 1972 wurde die Gesellschaft „UdSSR – BRD“ auf der Grundlage des obengenannten Instituts gegründet. In der damaligen BRD entstanden Dutzende von regionalen Vereinigungen für die Entwicklung der Beziehungen zur Sowjetunion. Ihre Tätigkeit wurde von den Gründern solcher Konzerne und Unternehmen wie Adidas, Siemens, Kayo und Rodenstock unterstützt. Später kamen auch Knauf, MAWI u. a. m. dazu.
Menschen verschiedener Altersgruppen und mit dem unterschiedlichen beruflichen Hintergrund waren an dieser Arbeit beteiligt. Wir mussten in der Tat viel arbeiten. Aber wir opferten uneigennützig unsere Freizeit, häufig auch am Wochenende, um dieser edlen Sache beizutragen.
Vor Aktivisten der Gesellschaft traten prominente Persönlichkeiten wie der SPD-Vorsitzende Willy Brandt, sein Genosse Egon Bahr und Vertreter der konservativen Parteien auf. Man fand Zeit und Möglichkeiten, um mit den Aktivisten der befreundeten Vereine in der UdSSR zu sprechen. An den Veranstaltungen der Gesellschaft beteiligten sich auch bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens der BRD und zwar ehemalige Botschafter der BRD in der UdSSR und Russland Andreas Meyer-Landruth, Ernst-Jörg von Studnitz, Hans-Friedrich von Ploetz, Walter Jürgen Schmid usw. sowie Vertreter von Stiftungen und ehrenamtlichen Vereinen.
Es wurde ein langer und schwieriger Weg von Feindlichkeit, Hass und Misstrauen zu einem richtigen Verständnis der Lehren der Geschichte zurückgelegt. Es wurden viele Vorurteile überwunden, Entfremdung verschwand, Vertrauen und Zusammenarbeit wurden gestärkt. Es ist sowohl den sowjetischen (russischen) als auch den deutschen Kolleginnen und Kollegen zu verdanken. Ihnen gilt unser großer Dank für ihre aufopfernde Tätigkeit zum Wohl beider Völker!
Aber der Zusammenbruch der Sowjetunion und die Wiedervereinigung Deutschlands brachten neue Bedingungen mit sich, zwangen auch uns, grundlegend unsere Tätigkeit umzugestalten. Jedoch gelang es, die Bestrebungen derjenigen, die gute Beziehungen zu Deutschland und seiner Bevölkerung aufbauen wollten, beizubehalten.
Ohne die Rolle unseres internationalen öffentlichen Vereins zu übertreiben, möchte ich daran erinnern, dass er einen konkreten Beitrag leistete und weiterhin leistet, um die Atmosphäre des Wohlwollens und der gegenseitigen Verständigung zu schaffen, indem er Beziehungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsschichten aufrechterhält und ausbaut. Dies alles ist dem hohen intellektuellen Potenzial der Aktivisten, Freunden und Befürwortern des Vereins in beiden Ländern zu verdanken. Aus dem Staatshaushalt erhielten wir keinen einzigen Rubel.
„Ihre Tätigkeit fing in der schwierigen Zeit an, als sich die neue Ostpolitik allmählich in Deutschland einen Weg bahnte“, betonte H.-F. Möller, einer der Vorsitzenden der befreundeten Gesellschaft in Schleswig-Holstein. Die grundsätzlichen Veränderungen in der Sowjetunion und Deutschland in den 90er Jahren hätten von den Mitgliedern der Gesellschaft einen neuen kreativen Ansatz verlangt sowie die Fähigkeiten, bis ins Innerste vorzudringen. Viele Ideen seien gefragt gewesen, um die Aktivitäten zugunsten der Welt und der gegenseitigen Verständigung zwischen den Völkern fortzusetzen, als in Europa und in der Welt auch nach dem Kalten Krieg immer noch ein Konfliktpotenzial zu spüren war. Die Tätigkeit der Gesellschaft „Russland – Deutschland“ habe auch vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in Europa an Bedeutung nicht verloren.
Ich erinnere mich gut an die Worte von dem hervorragenden Germanisten und Staatsmann, Doktor der Geschichtswissenschaften, ehemaligen Botschafter der UdSSR in der BRD (im damaligen Westdeutschland) Valentin Falin, mit dem ich sowohl in Westdeutschland als auch in unserem Land gerne zusammenarbeitete.
Vor 1914 hätten Russland und Deutschland 150 Jahre lang keine Kriege geführt, betonte er in seiner Rede vor Mitgliedern der Gesellschaft. Kein anderer Staat in Europa und in der Welt kann sich solcher Errungenschaft rühmen… Als 1972 unsere Gesellschaft gegründet wurde, bestand der Grundgedanke darin, dass Verständigung zwischen den Staatschefs, Parlamenten und anderen Behörden, die durch die Zusammenarbeit zwischen der deutschen und russischen Zivilgesellschaft untermauert wird, dazu beitragen soll, dass wir an dieser oder jener Wende bei diesem oder jenem Windstoß nicht stolpern und in die Konflikte und in das Misstrauen nicht verfallen, die uns in den 30er und 40er Jahren und in den folgenden Jahren verfolgten. Die im Moskauer Vertrag von 1970 verankerten Ideen mussten für die breiten Bevölkerungsschichten verständlich und akzeptabel gemacht werden und zwar: sowohl für diejenigen, die bereits berufstätig waren, als auch für diejenigen, die erst ins Berufsleben einsteigen, für Studierende und Lernende und die erst ins Leben eintreten, damit sie die Fehler ihrer Eltern und Vorfahren nicht wiederholen.
“Dies ist eigentlich das, womit sich die Gesellschaft auch heute befassen muss. Wenn wir diese positive Einstellung in einem konstruktiven Programm nicht verwirklichen, das wir den Beziehungen zwischen unseren Ländern und Europa insgesamt, dessen Teil auch Russland ist, zugrunde legen wollen, können wir keine qualitativen Veränderungen in Denkweise und Handeln der Menschen erwarten“, so Falin.
Von unserer Gesellschaft wurden fünf Gesprächsrunden (zwei in Deutschland und drei in Moskau) abgehalten, wo offen und vernünftig ein sehr schmerzhaftes und heikles Thema besprochen wurde: Verschleppung der sowjetischen Bürger in die Nazi-Gefangenschaft. Ich wurde mit der Moderation dieser Veranstaltungen betraut. Sie wurden gemeinsam mit den Freunden aus den russischen, belarussischen und ukrainischen Stiftungen „Gegenseitige Verständigung und Versöhnung“ akribisch vorbereitet. (Über diese Stiftungen wurden sogenannte Entschädigungen an die Opfer von Deutschland ausgezahlt.)
Diese Gesprächsrunden spielten eine positive Rolle. Nach diesen Diskussionen kamen auch die Opfer der Nazis in unsere Gesellschaft. Diese Menschen, ihre Kinder und Enkel engagieren sich für die Aufrechterhaltung der freundschaftlichen Beziehungen zu den Deutschen, erinnern sich mit Wohlwollen an die diejenigen, die damals ihnen halfen, zu überleben und ihre Menschenwürde zu bewahren.
Am 1. September 2009 wurde in Wünsdorf bei Berlin das Museum für Geschichte der sowjetischen und russischen Truppen in Deutschland von 1945 bis 1994 eröffnet. Es wurde von General a. D. Alexander Furs, dem Mitglied des Vorstands unserer Gesellschaft und Autor von Filmen und Büchern über den Abzug der sowjetischen Truppen geleitet. Er pflegte weitreichende Kontakte mit deutschen Kollegen und Freunden und arbeitete aktiv mit den Jugendlichen. Leider ist er nicht mehr am Leben.
Am 16. April 2010 veranstalteten wir im Zentralmuseum der russischen Streitkräfte unsere internationale wissenschaftliche Konferenz zum Thema „1945-2010 Russland – Deutschland: Geschichte und Ausblick“. Daran beteiligten sich viele Personen, unter ihnen Vertreter der orthodoxen Kirche und Befehlshaber der ehemaligen Westgruppe der sowjetischen Truppen (8,5 Mio. sowjetischer Bürger waren dabei).
Wir sind unterschiedlich in Alter und Bildung. Aber wir haben eine gemeinsame Aufgabe und ein gemeinsames Ziel, die Zusammenarbeit zwischen der deutschen und russischen Zivilgesellschaft aufzubauen, zu entwickeln und zu vertiefen. Positive Ergebnisse werden genetisch von Generation zu Generation nicht vererbt. Es ist eine Frage der harten und täglichen Arbeit. Heute unter den gegenwärtigen Umständen, morgen unter anderen Umständen, d. h. diese edle Tätigkeit unermüdlich fortsetzen. Je dichter das Netz der zwischenmenschlichen Beziehungen ist, desto besser kennen wir einander und wissen wir von einander, desto zuverlässiger werden die Partnerschaft und der Weltfrieden.
Traurige und tragische Momente in der Geschichte unserer Beziehungen hatten wir offenbar viele. Die deutsch-russischen Beziehungen stehen auch heute auf dem Prüfstand. Lassen wir uns gemeinsam darüber nachdenken, wie und was wir tun können, um die erreichten Wendungen zum Besseren zu verankern, damit es Frieden für Leben herrscht.
Wladimir Grinin
Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter,
Präsident der Gesellschaft „Russland-Deutschland“
Gesellschaft "Russland-Deutschland" als einziger ständiger russischer Kanal der "Volksdiplomatie" mit Deutschland bei der Entwicklung der deutsch-russischen Beziehungen
Politische und dramatische Spannungen, die vor einiger Zeit in den zwischenstaatlichen, auch deutsch-russischen Beziehungen plötzlich auftraten, ist sozusagen nicht neu, auch für die Gesellschaft "Russland-Deutschland", die vor knapp 50 Jahren auf der Welle der Entspannungen in den deutsch-sowjetischen Beziehungen gegründet wurde und ursprünglich Gesellschaft "UdSSR-Deutschland" hieß. Im Vorfeld ihres 50. Jubiläums möchte ich dieser Gesellschaft vom ganzen Herzen gratulieren und all denjenigen danken, die dazu gehörten und weiterhin gehören, für ihre Intelligenz, ihre Energie, ihren Enthusiasmus, ihren Geist und ihr Gewissen, die ehrenamtlich in den für die Gesellschaft schwierigen Jahren zu ihrem Überleben und ihrer Anerkennung in der russischen und deutschen Zivilgesellschaft beigetragen haben, was sehr beeindruckend ist.
Genau diese Gesellschaft versucht heute, unter den angespannten und von politischen Krisen geprägten deutsch-russischen Beziehungen zusammen mit ihren Partnerorganisationen in Deutschland (Deutsch-Russisches Forum, Bundesverband Deutscher West-Ost-Gesellschaften u.a.m.) nicht in Wort, sondern in der Tat das umzusetzen, wozu sie historische Faktoren der gegenseitigen Bindungskraft von Russen und Deutschen bewegen. Sie haben sich vor mehr als einem Jahrtausend manifestiert und sind zu einer noch heute spürbaren Realität geworden.
Ich möchte glauben, dass wir weiterhin darauf hoffen, damit rechnen und danach streben werden, eine engere, vor allem moralisch-weltanschauliche, menschliche Annäherung unserer beiden großen Nationen zu sichern. Es ist dringend notwendig, es ist unser bedingungsloses Muss. Darauf stellt uns auch unsere eigene deutsch-russische Geschichte mit all ihren optimistischen und tragischen Ereignissen ein, die dieGrundlagen der seit Jahrhunderten bestehenden Beziehungen guter Nachbarschaft und Vertrauen zerstören, in erster Linie etwa die Nazi-Aggression gegen die UdSSR im Zweiten Weltkrieg.
Wir, Russen und Deutsche, müssen, so scheint es, ohne Druck und Einfluss von außen Kanäle und Möglichkeiten sichern, um unsere historische Bindungskraft und freundschaftliche Zusammenarbeit ohne lästerliche, kriegerische Angriffe, überschwängliche feindselige Äußerungen, Fremdenfeindlichkeit, Vorurteile und gegenseitige Anschuldigungen zu fördern. Ich glaube, dass das Potenzial für unsere friedliche Koexistenz heute, basierend auf gegenseitigem Respekt, Verständnis und Vertrauen, trotz der schädlichen Äußerungen und Handlungen von einigen Politikern, die versuchen, die Grundlagen der russisch-deutschen Zusammenarbeit zu zerstören, immer noch besteht, und dass die Möglichkeiten es weiter zu stärken nicht in Frage stehen.
Natürlich ist die politische Koexistenz von Staaten in der heutigen multipolaren Welt keineswegs einfach. Dennoch möchte ich hoffen, dass die rein politischen, auch parteipolitischen und eindeutig Mainstream-Stimmungen ehrgeiziger Politiker durch die Bemühungen der Volksdiplomatie um die Entwicklung der deutsch-russischen Beziehungen überwunden und verdrängt werden. Dabei liegt die positive Rolle von der Gesellschaft "Russland-Deutschland" bei der Beeinflussung der öffentlichen Meinung auf der Hand, denn sie ist ein unverzichtbarer Kanal für die Entwicklung der deutsch-russischen Beziehungen.
Es ist schwer vorherzusagen, wie sich die Welt in Zukunft entwickeln wird. Dennoch besteht die Hoffnung, dass es zu einer positiven Wende kommt, dass es trotz aller Überraschungen zu einer weiteren Annäherung und damit zu einem gegenseitigen Verständnis zwischen Russen und Deutschen kommt. Dass den Hegemonie- und Überlegenheitsbestrebungen der US-Regierung entgegengewirkt wird, welche die Bewahrung und Stärkung des gegenseitigen Verständnisses und Vertrauens zwischen Russen und Europäern in dieser Zeit wesentlich gefährdet.
Es ist leider davon auszugehen, dass diejenigen, die sich für die Volksdiplomatie zwischen Russen und Deutschen engagieren, weitere politische Angriffe erdulden müssen. Dabei wären alle Versuche zu unterbinden, starke Bindungskraft zwischen Russen und Deutschen und ihre historischen Wurzeln auszuhöhlen und zu zerstören. Gerade unsere gemeinsame Geschichte schuf und schafft immer noch die wertvollsten Voraussetzungen für ihr Überleben und ihre Entwicklung.
Erinnern wir uns z. B. an Russland unter Katherina der Großen, die in Wirklichkeit Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst-Dornburg hieß und als junge Deutsche nach Russland kam. Oder daran, dass heute rund 6 Mio. in Deutschland lebende Russen zur Entwicklung der deutschen Gesellschaft beitragen. Und auch daran, wie wichtig der Beitrag hunderter deutscher Unternehmen, die in Russland tätig sind, zur Entwicklung der russischen Wirtschaft ist.
Wir halten es für notwendig, den Dialog zwischen den zivilgesellschaftlichen Vereinen und den Nichtregierungsorganisationen der beiden Länder, seine Kanäle unter den für die bilateralen Beziehungen schwierigen Umständen aufrechtzuerhalten und zu unterstützen und weiterhin Projekte im gegenseitigen Interesse mit unseren deutschen und russischen Partnern umzusetzen.
Olga Sinowjewa
Ehrenvorsitzende der Internationalen Gesellschaft „Russland—Deutschland“ und Co-Vorsitzende des Sinowjew-Klubs der Internationalen Nachrichtenagentur „Rossija segodnja“
Rühmlicher und historischer 50. Jahrestag der Gesellschaft «Russland—Deutschland»
Auf einer Welle des «Tauwetters» kennzeichnete sich das Jahr 1972 durch ein beispiellos erstaunliches Ereignis in den Beziehungen zwischen der BRD und der Sowjetunion, und zwar durch die Unterzeichnung des Dokuments über die Gründung der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft. Unter dem Dokument standen zwei Unterschriften: Von Willy Brandt und Leonid Breschnew. Auf solche Weise fing die rühmliche und komplizierte Geschichte der Internationalen Gesellschaft „Russland—Deutschland“ an, deren Hauptziel und Hauptverantwortung für die Nationen der beiden Länder darin bestanden, unabhängig von der geopolitischen Lage, trotz dem möglichen Missverständnis und sogar einem gewissen Misstrauen gegen die Partner Barrikaden in Brücken umzuwandeln. Aber am wichtigsten war der Wunsch, durch unsere „Soft Power“ Freundschaft, gegenseitiges Verständnis, Zusammenarbeit und Gemeinschaft aufzubauen und zu fördern. Mit dieser „Soft Powec“ konnten wir einander auf menschliche Weise in einem gemeinsamen Bestreben unterstützen, besser einander zu verstehen, schöne und schöpferische Projekte in den Bereichen Kultur, Forschung, Bildung und Touristen-Austausch in die Tat umzusetzen, sogar wenn sich die Behörden in einer Pattsituation befanden.
Wir mussten nach vorne schauen, danach streben, Beziehungen zwischen unseren Nationen zu entwickeln, und dabei unsere Geschichte in Betracht ziehen, uns daran erinnern, dass es notwendig ist, mit Respekt und Takt unsere Partner zu behandeln, die sich wie wir an die Höhen und Katastrophen, an alle Lehren des 20. Jahrhunderts erinnern mussten.
Mein armes und liebes Deutschland ist mir alles andere als gleichgültig. Meine Freundschaft mit Deutschland, die unter schwierigen Umständen aufgebaut wurde, dauert mehr als 50 Jahre. So viel hat das Land erlebt! Von Germaniens Nebeln, wie der große Puschkin schrieb, von einem Land mit einer hervorragenden philosophischen Schule, fantastischer Musik, prächtigen Museen und einer fortgeschrittenen Wissenschaft bis zu einem Land, wo Bücherverbrennungen stattfanden und sich die schandbare Kristallnacht ereignete. Es kam zu allem Schrecklichen, was die ganze Menschheit erschütterte, was auch heute Schrecken erregt…
In der von Golo Mann im Jahre 1958 veröffentlichten „Deutschen Geschichte des XIX. und XX. Jahrhunderts“ gibt es eine interessante, aber paradoxe Idee: Deutschland habe keine natürlichen Grenzen. Für das Leben der Deutschen sei ihre geografische Lage zwischen den romanischen und slawischen Völkern viel wichtiger. Dank dieser geografischen Lage (sic! – O. S.) haben die Deutschen einen kulturellen Vorteil vor den Slawen.
Ist das nicht der Grund, warum der „Drang nach Osten“ den Deutschen immer so nötig aus Sicht der Zivilisation und sogar ihre geopolitische und kulturelle Mission zu sein schien?
Als beschatteter Hintergrund der deutschen Politik entstanden die Besessenheit von der Überlegenheit der deutschen Nation und die „kulturelle Expansion“ jedes Mal, wenn das Land eine stärkere Position übernahm. Und natürlich nahmen die Deutschen nur mit der kulturellen Dominanz nie vorlieb.
Traditionell wurde den Deutschen die Rolle eines geopolitischen Gendarmen Europas im Allgemeinen und Russlands im Besonderen aufgedrängt (auch nach den Deutschen Karl Marx und Friedrich Engels). Allgemein bekannt ist dabei der gegenseitige Einfluss der deutschen und russischen Kultur aus Sicht der Sprache (die erste russische Grammatik wurde immerhin von deutschen Autoren geschrieben!), sowie der Forschung, der Kunst, der Diplomatie und der Militärwissenschaft.
Die kämpferische und romantische Nation, die leicht zu indoktrinieren ist, die sich zu einer nationalen Idee hinreißen lässt und genetisch ungeduldig ist, ignorierte zweimal die Warnungen von ihrem weisen Kanzler Bismarck, dass Deutschland keinen Krieg gegen Russland führen darf.
Es gibt keine Rechtfertigung für die kollektive Verwirrung in den Köpfen eines so fortschrittlichen Landes, wie Deutschland damals war, das gegen seinen einzigen und verständnisvollen Verbündeten, Russland, gedrängt und aufgehetzt wurde, während alle Anstrengungen gleichzeitig unternommen wurden, um die Bildung der Achse Berlin-Moskau zu verhindern.
Ein gewalttätiges US-Protektorat im besiegten Deutschland, in seinem westlichen Teil, in dem alles von den Amerikanern diktiert, kontrolliert und aufgedrängt wurde, was das Leben des niedergeschmetterten Landes betraf: Schulbücher, das Grundgesetz, die Arbeitswelt und nicht zuletzt die Kultur. Als es praktisch verboten war, sich als Deutscher zu bezeichnen, geschweige denn stolz auf sein Heimatland zu sein. Mein armes Deutschland.
Dieses Gefühl hat uns, die Familie des im Exil lebenden Professors Alexander Sinowjew, nie losgelassen, als wir uns mit solchen Persönlichkeiten unterhielten wie der Idol der deutschen Intellektuellen der 70er Jahre, Hans Magnus Enzenberger, Buchverleger Klaus Pieper, Filmregisseur Kurt Hoffmann, Schriftsteller Horst Binneck und der mondäne Joachim Kaiser, der alles von Musik, Literatur, Geschichte wusste und Tausenden von Zuhörern davon erzählen konnte.
Ich möchte meine Dankbarkeit, meine menschliche Dankbarkeit gegenüber Deutschland zum Ausdruck bringen, das uns, die Familie von Alexander Sinowjew (1922-2006), einem sowjetischen Professor, Schriftsteller von Weltrang und Veteranen des Zweiten Weltkriegs, der am 6. August 1978 nach München, Deutschland, deportiert wurde, aufnahm. Deutschland ist das Land, wo wir 21 Jahre lebten, wo Alexander Sinowjew in die Akademie der Bildenden Künste gewählt wurde und seine Werke veröffentlicht wurden und wo er als Professor an der Universität München tätig war. Ohne das aktive persönliche Engagement des Vizekanzlers der Bundesrepublik Deutschland Dietrich Genscher und des Ministerpräsidenten von Bayern Franz Josef Strauß hätten wir am 30. Juni 1999 kaum in unsere Heimat zurückkehren können, wozu ein offizieller Empfang vom damaligen deutschen Botschafter in Russland, Dr. Ernst-Jörg von Studnitz, gegeben wurde.
Langsam stirbt die Generation aus, die alle Belastungsproben durchlebte, die die Schuld für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, für den deutschen Militarismus, für die Leidenschaft, neue Gebiete zu erobern, anerkannte und akzeptierte.
Die Wiedervereinigung der DDR und der BRD im Jahr 1990 wurde in ganz Deutschland mit Sekt gefeiert. Unerklärlicherweise änderte sich das Bild jedoch bald: Von den „unterdrückten“ ostdeutschen Brüdern wurden die Bewohner der ehemaligen DDR plötzlich - inoffiziell! - zu „Ossis“, die in ihrer historischen Heimat verachtet wurden, im Gegensatz zu den Westdeutschen mit ihrem stolzen Bewusstsein, vollwertige „Wessis“ zu sein.
Abschließend möchte ich allen meinen verstorbenen Kollegen und Kameraden sowie den heutigen Aktivisten der Gesellschaft „Russland-Deutschland“ für die Erfüllung unserer Berufung - der Freundschaft, der Solidarität, dem Frieden und dem gegenseitigen Verständnis zwischen den Völkern Deutschlands und Russlands zu dienen - herzlich danken: In erster Linie ein strahlendes Gedenken an die Legende der sowjetischen Diplomatie, Valentin Michailovitsch Falin (1926-2018), dem lieben Mikhail Arkadievitsch Logvinov (1940-2021) und Alexander Vitalievitsch Furs (1949-2022).
Vielen Dank an Wladimir Michailowitsch Grinin, Anatoli Jurjewitsch Blinow, Alexander Alexandrowitsch Urban, Natella Markowna Agarewskaja, Alexej Arkadjewitsch Jerin, Wladimir Michailowitsch Polenow und all jene, die aufopfernd im Bereich der „Soft Power“ arbeiten.
Präsident und Gründer von SCHNEIDER GROUP
Wirtschaft gegen Eisernen Vorhang: Wie BRD und UdSSR Brücken schlugen und statt Konfrontation Integration kam
Die Krise, in der sich heutzutage die deutsch-russischen Beziehungen befinden, muss bei allen denjenigen, die sich an die deutlich helleren Seiten der gemeinsamen Geschichte der beiden Länder erinnern, tiefes Bedauern hervorrufen. Besonders schmerzvoll ist die aktuelle Krise für diejenigen Deutschen und Russen, die lange und ehrlich zur Annäherung von Moskau und Berlin beigetragen haben, indem sie Kontakte auf der zwischenmenschlichen und unternehmerischen Ebene mitpflegten. Als einer solcher Optimisten glaubte ich, dass meine langjährige Tätigkeit in Russland das Fundament für starke „Brücken“ legt, die alle Schwierigkeiten überstehen würden.
Glaube ich immer noch daran? Ich glaube schon, weil ich in Russland bleibe und es nicht verlassen will. Und es liegt nicht nur an der ziemlich erfolgreichen Strategie von SCHNEIDER GROUP, die bislang den neuen Herausforderungen flexibel angepasst werden konnte. Alle meine persönlichen Erfahrungen weisen darauf hin, dass die Deutschen und Russen historisch gesehen gegenseitige Sympathie empfinden und eine Zusammenarbeit anstreben. Diese Eigenschaften haben den beiden Völkern immer geholfen, gemeinsam die schwersten politischen Krisen zu überwinden.
Ich hatte das Glück, in Westdeutschland, in der Nähe von Hamburg, geboren zu sein, aber unsere Familie besuchte häufig Freunde in der benachbarten DDR. Sie wohnten nur einen Katzensprung von uns entfernt, doch zahlreiche Grenzformalitäten, inklusive des obligatorischen Währungswechsels, erschwerten deutlich die Reise. Indem wir in Ostdeutschland regelmäßig Deutsche Mark, harte Währung, verkauften, finanzierten wir damit tatsächlich die kommunistische Regierung, aber für uns war all diese Ideologie nie ein Grund, auf unsere Besuche zu verzichten.
Die Geschichte hat später gezeigt, dass solche zwischenmenschlichen Kontakte, das gegenseitige Vertrauen und der gemeinsame Wunsch, in Frieden und Wohlstand zu leben, letztendlich stärker waren als ideologische Barrieren, die zwei Staaten trennten. Gerade diejenigen Verbindungen, die normale Leute auf beiden Seiten der Grenze jahrzehntelang mühsam aufbauten, machten die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten unausweichlich.
Nicht nur zwischenmenschliche Kontakte haben jedoch den Eisernen Vorhang schrittweise untergraben und zerstört. Die westdeutschen Unternehmen haben die Vorteile der Tätigkeit auf den sozialistischen Märkten immer vernünftig und pragmatisch eingeschätzt. Gerade deshalb wurde 1952, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft gegründet. Vor allem dank den Bemühungen seiner ersten Vorsitzenden Hans Reuter und Otto Wolff von Amerongen haben Berlin und Moskau schon zehn Jahre nach dem Ende des blutigsten Krieges diplomatische Beziehungen wiederaufgenommen.
Wirtschaftlicher Pragmatismus lag auch der Neuen Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt zugrunde. Das von ihm gepredigte Konzept „Wandel durch Handel“ triumphierte eindeutig über die restriktive Politik, als die Bundesrepublik und die UdSSR 1970 das historische Erdgas-Röhren Geschäft abschlossen. So kamen zwei scheinbar unvereinbare politische Systeme zu einem zuvor unvorstellbaren Kompromiss. Aus kommerziellen Gründen gaben die beiden ideologischen Gegner einige für sie wichtige Prinzipien auf: Die UdSSR begann, den Westen mit strategischen Rohstoffen zu versorgen, und die Bundesrepublik versorgte die sowjetische Industrie mit Gütern und Technologien, die für sie von entscheidender Bedeutung waren.
Bemerkenswert ist, dass die entstandene Interdependenz nicht zum Gegenstand der Angriffe oder Manipulationen in den beiden Staaten gemacht wurde, sondern im Gegenteil, für lange 50 Jahre die Grundlagen für gegenseitiges Vertrauen auf der Ebene der politischen Führung und Industriekreise schuf.
Außerdem war dieser deutsch-sowjetische Vertrag der erste unter vielen ähnlichen Verträgen, die in den folgenden Jahren zwischen der UdSSR und den westeuropäischen Staaten unterzeichnet wurden. Solche „Brücken“ und „Brückchen“ wurden in immer neuen Bereichen gebaut und wurden allmählich zur Norm und galten nicht mehr als Ausnahme von den Dogmen, die zuvor eine Unvereinbarkeit von dem westlichen und östlichen Wirtschaftsmodell vorschrieben.
Es muss aber bemerkt werden, dass das Prinzip „Wandel durch Handel“ keine rein deutsche Erfindung ist, sondern der jahrhundertealten europäischen Erfahrung bei der Überwindung von Krisen und Trennlinien zugrunde liegt. Der Wiederaufbau des nach dem Zweiten Weltkrieg geteilten Europa und die endgültige Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland begann mit einer gemeinsamen Regelung der Produktion und des Handels mit strategischen Rohstoffen – Kohle und Stahl. Später bereitete die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes auf der Grundlage von „vier Grundfreiheiten“, an dem sich immer mehr Staaten beteiligten, ihrer jahrhundertealten Rivalität um Territorien, Ressourcen und Einflusssphären ein Ende.
Die Europäische Union hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Regionen, die lange Zeit als „Zankäpfel“ galten – Nordirland, Südtirol – einen klaren Status erhalten haben, der von niemandem mehr bestritten wird. Und die EU-Beitrittsgespräche, die heute von Serbien, Albanien, Montenegro, Nordmazedonien, Bosnien und Herzegowina geführt werden, dämmen die Gefahr eines neuen Konfliktes in dieser traditionell instabilsten Region Europas ein.
Trotz der noch zahlreichen inneren Probleme halten 450 Mio. Menschen die gegenwärtige Europäische Union für ihre Heimat. Unsere gemeinsamen Errungenschaften – Freizügigkeit, eine gemeinsame Währung, hoher Wohlstand und soziale Sicherheit, eine hochtechnologisierte und zukunftsorientierte Wirtschaft, wirksame Mechanismen zur Beilegung von internen Streitigkeiten, das große Ansehen und die große Anziehungskraft von den 27 Staaten in der Welt – schließen aus, dass es wiederum zu internen Konflikten kommt, und ermutigen alle Europäer, für gemeinsame Zukunft zu arbeiten.
Die Integrationsprozesse im postsowjetischen Raum haben ähnliche Ursachen. Sie wurden ursprünglich durch das Anstreben verursacht, den Zusammenbruch der UdSSR nach einem gewaltsamen, chaotischen Szenario zu verhindern und den ehemaligen Sowjetrepubliken eine strukturierte, vereinigende wirtschaftliche Alternative anzubieten. Als offensichtlicher Erfolg der GUS-Staaten gilt, dass sie das Schlimmste, und zwar einen totalen Krieg um die Aufteilung des „sowjetischen Erbes“ vermieden, was Anfang der 1990er Jahre eine wirkliche Bedrohung darstellte. Es gelang ihnen, die zerstörten wirtschaftlichen Verbindungen wiederherzustellen und teilweise (vor allem im Rahmen der Eurasischen Wirtschaftsunion) ihre Normen und Standards miteinander in Einklang zu bringen, wobei sie sich unter anderem auf die Erfahrungen der europäischen Staaten stützten.
Ich bin davon überzeugt, dass es ohne solche Fortschritte für ausländische Unternehmen jetzt viel schwieriger wäre, auf den osteuropäischen Märkten tätig zu sein. Deswegen entspricht eine weitere Integration der Nachfolgestaaten der Sowjetunion in eine Gemeinschaft souveräner, gleichberechtigter, wohlhabender, friedliebender Staaten mit Marktwirtschaft, die durch „vier Grundfreiheiten“ miteinander verbunden sind, nicht nur den Interessen dieser Länder selbst, sondern auch den Interessen ihrer ausländischen Partner, einschließlich der Europäischen Union.
Ich bin auch davon überzeugt, dass viele in Moskau und Brüssel die Vorteile der fortschreitenden Annäherung von zwei benachbarten Integrationsgemeinschaften, die sich an die WTO-Regeln halten und sich grundsätzlich zu einer friedlichen, konfliktfreien Entwicklung ihrer Mitglieder bekennen, objektiv anerkennen. Gerade wegen dieses Verständnisses haben die Europäische Kommission und die Eurasische Wirtschaftskommission in den letzten Jahren mehrmals die für sie drängenden Fragen besprochen, obwohl es zu einem offiziellen Dialog immer noch nicht gekommen ist.
Ich bin Vorsitzender einer internationalen Wirtschaftsinitiative, deren Mitglieder aus den Reihen der EU- und GUS-Großunternehmen ein gemeinsames langfristiges Ziel haben, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum „von Lissabon bis Wladiwostok“ zu schaffen. Ich bin davon überzeugt, dass die mit diesem Projekt verbundenen strategischen Vorteile für Bürger, Unternehmen und Regierungen im Endeffekt alle momentanen politischen „Deal-Breaker“ mehrfach überwiegen. Es muss jedoch zugegeben werden, dass irgendeine wirkliche Annäherung des europäischen und des eurasischen Integrationsprojektes heute kaum wahrscheinlich ist, und wir passen unsere Pläne dementsprechend an. Wir schließen nicht aus, dass neutralere Themen – die Förderung von kulturellen und wissenschaftlichen Kontakten, ein selektiver Austausch von technischen Erfahrungen zwischen den daran interessierten Ländern usw. – zu den neuen "Brückchen" zur Wiederbelebung des Dialogs zwischen dem Westen und Osten werden. Zu einer inhaltlichen Diskussion über die Schritte zur Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums zurückkehren können wir aber erst, wenn sich die Wogen geglättet haben und das notwendige Mindestmaß an Vertrauen zwischen allen Seiten wiederhergestellt ist.
Bei der Schaffung solcher Voraussetzungen spielt öffentliche Diplomatie eine wichtige Rolle. In den ersten 50 Jahren ihrer ruhmreichen Geschichte hat sich die Gesellschaft „Russland-Deutschland“ als einer der einflussreichen Akteure in diesem Bereich bestimmt Autorität verdient. Und für die nächsten 50 Jahre wird diese Ressource mehr als je zuvor gefragt, damit in den beiden Ländern eine öffentliche „Nachfrage“ nach einer Rückkehr zu einer positiveren bilateralen Agenda entsteht.
Ich gratuliere der Gesellschaft „Russland-Deutschland“ herzlichst zu ihrem Jubiläum und wünsche viel Erfolg bei der Erreichung aller gesetzten Ziele!
Dr. Wladislaw Below
Vizepräsident der Gesellschaft «Russland-Deutschland» und stellvertretender Direktor für wissenschaftliche Arbeit, Leiter der Abteilung für Länderstudien und des Zentrums für Deutschlandstudien am Europa-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften
2022 - Jubiläums- und Krisenjahr für deutsch-russische Beziehungen
2022 ist ein besonderes Jahr in Bezug auf die Jubiläumstermine in den Beziehungen zwischen Russland und Deutschland. Vor 100 Jahren, am 30. März 1922, wurde in Moskau die Gesellschaft für Russisch-Deutsche Zusammenarbeit gegründet, die es ermöglichte, Kontakte und freundschaftliche Verhältnisse zwischen Forschern, Literatern, Theater- und Filmemachern zu entwickeln. Am 16. April desselben Jahres unterzeichneten die Russische Sowjetische Föderative Sozialistische Republik (RSFSR) und die Weimarer Republik auf der Konferenz von Genua im italienischen Rapallo einen Vertrag zur Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen und zur Beilegung aller Streitigkeiten. Damit wurden die Grundlagen für eine ideologiefreie bilaterale Wirtschaftskooperation im Kontext der politischen und wirtschaftlichen Isolation durch andere Länder gelegt.
Nach dem Ende des Großen Vaterländischen Krieges war die Unterzeichnung des Moskauer Vertrages am 12. August 1970 vom Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR Alexej N. Kosygin und von Bundeskanzler Willy Brandt sowie von Außenminister Alexej A. Gromyko und Walter Scheel - zusätzlich zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen im Jahr 1955 - ein wichtiger Meilenstein in der Zusammenarbeit zwischen der Sowjetunion und Deutschland. Das Dokument spielte eine wichtige Rolle dabei, gemeinsam Lehren aus den Geschehnissen zu ziehen und die gegenseitigen Positionen zu verstehen. Diesem Vertrag ging der am 1. Februar 1970 abgeschlossene, auf langfristige Zusammenarbeit über Jahrzehnte ausgerichtete «Deal des Jahrhunderts» zur Lieferung von Erdgas aus der Sowjetunion im Austausch gegen Rohre großen Durchmessers voraus. Der Moskauer Vertrag trat am 3. Juni 1972 in Kraft und ebnete den Weg für eine beiderseitig vorteilhafte geschäftliche, wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Bereits im Juli 1972 wurde ein entsprechendes langfristiges Abkommen zwischen der UdSSR und der BRD unterzeichnet, das unter anderem zu einer gewissen Liberalisierung der sowjetischen Importe führte.
Vor diesem Hintergrund war die Gründung der Freundschaftsgesellschaft «UdSSR-BRD» am 14. November 1972 in Moskau ein logischer Schritt. Die wichtigsten Leitlinien ihrer Tätigkeit waren Übereinstimmung, gegenseitiges Verständnis, gute Nachbarschaft, Partnerschaft, konstruktive Zusammenarbeit und gemeinsame beiderseits vorteilhafte Projekte. Im Rahmen ihrer Tätigkeit wurden zahlreiche Partnerschaften zwischen russischen und deutschen Städten aufgebaut, intensive Jugend-, Schüler- und Studentenaustausche organisiert, was von Anfang an zur Bildung einer konstruktiven und positiven Wahrnehmung der Sowjetunion in der westdeutschen Gesellschaft - insbesondere auf regionaler Ebene - beitrug.
Im Mai 1973 wurde ein Abkommen über die Entwicklung der wirtschaftlichen, industriellen und technischen Zusammenarbeit für zehn Jahre abgeschlossen, das die Möglichkeiten der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und technischen Kooperation erheblich erweiterte. Ende Oktober 1974 wurde noch ein Abkommen über weitere Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit unterzeichnet. Zur Unterstützung der Teilnehmer wurden im März 1975 zwei Institutionen gegründet: Der Ausschuss zur Förderung des Handels zwischen der UdSSR und der BRD bei der Industrie- und Handelskammer der UdSSR und die Arbeitsgruppe des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Sie ergänzten die Tätigkeit der Kommission für wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen der UdSSR und der BRD. Darüber hinaus wurden in den 70er Jahren unter Beteiligung der sowjetischen Außenhandelsorganisationen in der BRD eine Reihe von gemischten Handelsfirmen gegründet, deren Ziel war, sowjetische Waren auf den westdeutschen Märkten zu fördern.
Am 6. Mai 1978 schlossen die Bundesrepublik Deutschland und die UdSSR ein auf 25 Jahre angelegtes Abkommen über Entwicklung und Vertiefung der langfristigen wirtschaftlichen und industriellen Zusammenarbeit (in Kraft getreten im Dezember desselben Jahres) ab. Darin wurden die Kooperationsbereiche bis zum Beginn des nächsten Jahrhunderts festgelegt, gemeinsame industrielle Großprojekte, auch auf Kompensationsbasis, konkretisiert, und die Kreditfragen bei den geplanten Projekten geklärt. Trotz der sich verschlechternden internationalen Lage verabschiedeten die beiden Parteien im Sommer 1980 ein langfristiges Programm für grundlegende Richtungen der wirtschaftlichen und industriellen Zusammenarbeit, das auf Ausbau und Modernisierung von Industriekomplexen, Entwicklung der Kooperation bei der Ausarbeitung und Herstellung moderner Industrieausrüstungen und Zusammenarbeit bei der Erschließung neuer Energieressourcen abzielte.
Dank diesen Vereinbarungen etablierten sich die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit in den Bereichen Energiewirtschaft, Elektrotechnik, Erdölförderung und -raffination, Chemie, Gas- und Kohleindustrie, Eisen- und Nichteisenmetallurgie, Werkzeugmaschinenbau, Bergbau, Maschinenbau für Chemie- und Verkehrsindustrie, Gerätebau, Elektronik, Funktechnik und Datenverarbeitungsanlagen, Leicht- und Lebensmittelindustrie. Diese Vereinbarungen boten die Möglichkeit, bestimmte Industrieunternehmen zu gründen und zu modernisieren, eine fortgeschrittene Produktionskooperation aufzubauen, bestimmte Rohstoffe zu produzieren sowie Patente, Lizenzen und technische Informationen auszutauschen. Sie machten schließlich langfristige und stabile gegenseitige Güterlieferungen möglich. Die sowjetischen Importe aus der BRD umfassten vor allem Maschinen, Metallbearbeitungsmaschinen, Walzwerke, Energie-, Elektro- und Gießereiausrüstungen, Portaldrehkräne, Schiffe, Datenverarbeitungsanlagen, elektrische Geräte, Stahlrohre mit großem Durchmesser, Chemikalien, feinmechanische und optische Geräte, Ausrüstungen für die Textil-, Chemie-, Holzverarbeitungs- und Lebensmittelindustrie, Maschinen für Brunnenbohrung, Sondenförderung und geologische Erkundung, Ausrüstungen für Automobilwerke. Bei den sowjetischen Exporten in die BRD dominierten Rohstoffe und Halbfabrikate: Erdöl und Erdölprodukte, Erdgas, Kupfer, Holz, Baumwolle, pflanzliche Öle und Fette, chemische und Eisenhalbfabrikate, Phosphate, Wein usw. Seit Mitte der 1970er Jahre war ein Aufwärtstrend bei den Lieferungen von Industrieerzeugnissen, darunter Zerspanungs- und Fräsmaschinen, Elektromotoren, Druckmaschinen, Webmaschinen, leistungsstarke Turbinen, Elektromotoren und elektronische Geräte, medizinische Geräte, Schiffsausrüstung, Kameras und Uhren zu sehen.
In dieser Zeit wurde die Zusammenarbeit im industriellen Bereich erheblich intensiviert. Im Frühjahr 1974 unterzeichneten Moskau und westdeutsche Unternehmen Korfstahl, Salzgitter, Krupp, Siemens, Demag und mehrere andere einen Rahmenvertrag über den gemeinsamen Bau des elektrometallurgischen Kombinats in Stary Oskol bei Kursk, das reduziertes Eisen hoher Qualität herstellen sollte. Bis 1981 wurden insgesamt zwölf sowjetisch-westdeutsche Abkommen über industrielle Zusammenarbeit geschlossen. Dazu gehörten der Bau des Mogiljow-Kombinats zur Herstellung von Chemiefasern, Lieferungen von Ausrüstungen für das Hüttenwerk Nowolipezk und Durchführung Dutzender erfolgreicher Projekte in Bereichen Chemie, Energie und Maschinenbau. Ein wichtiger Teil dieser Kooperation war die Zusammenarbeit auf den Märkten von Drittstaaten.
Nach Beginn der Gorbatschows Umgestaltung (Perestroika) und Offenheit (Glasnost‘) reisten Delegationen der Gesellschaft „UdSSR-BRD“ wesentlich häufiger in die Bundesrepublik. Sie gestaltete die ersten westdeutsch-sowjetischen Konferenzen in Tübingen (Baden-Württemberg) mit, auf denen Aussichten für politische und wirtschaftliche Reformen in der Sowjetunion diskutiert wurden. Immer wichtiger wurden die wirtschaftliche Zusammenarbeit und deutsche Erfahrungen in Marktwirtschaft. Dann kam die schwierige Zeit der Wiedervereinigung Deutschlands, wenn viele sowjetischen Interessen nur auf dem Papier berücksichtigt wurden. Gorbatschows Reformen wurden von Altkanzler Kohl und seiner Umgebung wie versprochen nicht unterstützt.
Fast unmittelbar nach dem tragischen Zusammenbruch der Sowjetunion wurde am 16. Januar 1992 eine interregionale Gemeinschaft „Russland-Deutschland“ als Nachfolgeverein der Gesellschaft „UdSSR-BRD“ gegründet. Im September 1999 wurde die Gesellschaft zu einem "internationalen Sozialverband". In Fortführung der Traditionen begann sie, die deutsch-russische Partnerschaft und Zusammenarbeit in Bereichen Kultur, Informationsaustausch, Forschung und Wirtschaft zu fördern sowie Freundschaft, das gegenseitige Verständnis und das Vertrauen zwischen den Völkern der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation auf jede erdenkliche Weise zu stärken. In dreißig schwierigen Jahren wurden die Beziehungen zu Partnern in den meisten Bundesländern wiederhergestellt, Dutzende von gemeinsamen Veranstaltungen durchgeführt und neue Mitglieder aus verschiedenen Bereichen gewonnen.
2022 war nicht nur ein Jubiläumsjahr für die Gesellschaft und die russisch-deutschen Beziehungen. Die militärische Sonderoperation Russlands in der Ukraine sorgte für negative Reaktionen und Ablehnung im deutschen Establishment sowie in der Zivilgesellschaft. Dies führte zu harten wirtschaftlichen und politischen US- und EU-Sanktionen, zu deren Initiatoren die deutsche Bundesregierung gehört, sowie zum Abbruch fast aller Beziehungen, auch im zivilgesellschaftlichen Raum. Unter diesen Umständen versuchen die Leitung und die Mitglieder der Gesellschaft „Russland-Deutschland“ immer wieder, einen umfassenden Dialog wiederzubeleben und Aussichten für eine schrittweise Wiederherstellung des Vertrauens zwischen den verschiedenen Interessengruppen zu thematisieren und über die Zukunft der Beziehungen zwischen Russland und der Bundesrepublik Deutschland zu diskutieren. Die fünfzigjahrelange Geschichte der Gesellschaft zeigt, dass es dafür alle Chancen gibt. Es ist höchste Zeit, diese Chancen umzusetzen.
Sergej Paramonow
Exekutiver-Vizepräsident der „Internationalen Assoziation der Partnerstädte „
Auf dem Weg zum 60-jährigen Bestehen der Internationalen Assoziation der Partnerstädte in enger Zusammenarbeit mit der Gesellschaft "Russland - Deutschland" und unseren deutschen Partnern
Die internationale Städtepartnerschaftsbewegung entstand während des Zweiten Weltkriegs. 1944 beschlossen das englische Coventry und das sowjetische Stalingrad, freundschaftliche Kontakte herzustellen und sie zu nutzen, um für Frieden und Wohlstand zusammenzuarbeiten. Die edlen Ziele der Partnerstädte fanden später breite Anerkennung in der internationalen Gemeinschaft und förderten die Entwicklung von Bürgerinitiativen in verschiedenen Ländern der Welt.
In der Union der sowjetischen Gesellschaften für Freundschaft und kulturelle Beziehungen mit dem Ausland war von 1964 bis 1991 die Assoziation für die Beziehungen zwischen sowjetischen und ausländischen Städten aktiv. Unter ihrer Unterstützung wurden 289 Städte und Regionen der ehemaligen Sowjetunion Partnerstädte mit 530 Städten und Regionen in 71 Ländern der Welt. Im Februar 1992 wurde beschlossen, die Internationale Assoziation der Partnerstädte als internationale Nachfolgeorganisation und Nichtregierungsorganisation der Assoziation für die Beziehungen zwischen sowjetischen und ausländischen Städten zu gründen, was formelle politische Hindernisse aufgehoben und die Assoziation für Städte und Regionen aller postsowjetischen Länder offen gemacht hat.
Die Assoziation beteiligt sich an den Aktivitäten der Städte und Behörden vor Ort, unterhält Arbeitskontakte mit dem Kongress der Gemeinden und Regionen Europas. Sie arbeitet mit den nationalen Verbänden der lokalen und regionalen Behörden in Amerika, Europa und Asien zusammen. Sie organisiert regelmäßig größere bilaterale Treffen zwischen den Partnerstädten.
Traditionell spielen die Gemeinden der Moskauer Region und seine Regierung eine wichtige Rolle bei den Aktivitäten der Internationalen Assoziation der Partnerstädte. Präsidenten des Vereins waren in den entsprechenden Jahren nacheinander die Vorsitzenden von der Regierung der Moskauer Region: Nikolai T.Koslow, Wassilj S.Pestow, Iwan M.Tscherepanow, die Gouverneure der Moskauer Region Anatoli S.Tjaschlow, Boris W.Gromow und Sergei R.Schoigu. Derzeit ist der Gouverneur der Moskauer Region, Andrei Ju.Worobjow, Präsident der Internationalen Assoziation der Partnerstädte.
Besonders erwähnenswert sind die deutsch-russischen Beziehungen, die seit über 60 Jahren bestehen und eine lange und reiche Geschichte haben, die direkt mit der Zusammenarbeit mit der Gesellschaft "Russland - Deutschland" verbunden ist, die von dem erfahrensten Germanisten, dem ehemaligen russischen Botschafter in Deutschland, dem angesehenen Wladimir Grinin, geleitet wird.
Um die an der Bewegung beteiligten Partnerschaften zu unterstützen, finden seit 1987 Partnerstadtkonferenzen zwischen deutschen und russischen Partnerstädten statt. Die erste Konferenz der Partnerstädte fand im Saarland, Saarbrücken, statt. Weitere Konferenzen folgten 1989 in Almaaty und 1991 in Biberach, die erste Konferenz nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fand 1993 in Moskau statt. Dem Moskauer Treffen folgten Foren in Berlin 1997, Moskau 2000, Suhl 2002, Jekaterinburg 2005, Hamburg 2007, Wolgograd 2009, Rothenburg ob der Tauber 2009, Uljanowsk 2013, Karlsruhe 2015, Krasnodar 2017, Düren 2019 und zuletzt Kaluga 2021. Die Assoziation rief unter anderem in seinem Brief die Chefs von 112 Gemeinden der Russischen Föderation, die Partnerstädte in Deutschland haben, dazu auf, sich aktiv am Kaluga-Forum zu beteiligen, das vor dem Hintergrund der schwierigen Zeiten wegen der COVID-Pandemie zu den wichtigsten Ereignissen des Jahres 2021 auf der Agenda der deutsch-russischen Beziehungen gehört.
Die Internationale Assoziation der Partnerstädte arbeitet seit langem erfolgreich mit vielen Partnerorganisationen zusammen, allem voran mit der Gesellschaft "Russland-Deutschland", die würdig ihr 50-jähriges Bestehen feiert.
Wir gratulieren der Gesellschaft "Russland-Deutschland" ganz herzlich zu ihrem Jubiläum und werden gemeinsam unser Bestes tun, um die langjährigen und fruchtbaren Kontakte zu pflegen.
Herzlichen Glückwunsch, liebe Partner und Freunde!
Ich bin sicher, dass wir das 80. Jubiläum der ersten Städtepartnerschaft in der Welt zwischen Stalingrad und Coventry und natürlich das 60. Jubiläum der Internationalen Assoziation der Partnerstädte gemeinsam mit einem zuverlässigen "heroischen" Team echter Germanisten feiern werden, die unter diesen schwierigen Umständen entschlossen sind, unsere Zusammenarbeit bei der Organisation der 17. und 18. Konferenzen der Partnerstädte im deutschen Essen und im russischen Jaroslawl in den Jahren 2023 und 2025 fortzusetzen.
Diese wichtigen Foren hängen natürlich von Möglichkeiten und Aktivitäten unserer langjährigen deutschen Partner ab: dem Deutsch-Russischen Forum und dem Bundesverband Deutscher West-Ost-Gesellschaften (BDWO), die unter dem Druck der Bundesregierung stehen, die darauf besteht, die Beziehungen zu den russischen Städten abzubrechen.